Nach einem langen Kinderwunsch, wurde die Mutter, die ich über 8 Wochen als Mütterpflegerin begleiten durfte, mit Hilfe einer künstlichen Befruchtung schwanger.
Die Vorfreude bei dem Paar war riesengroß. Bis zur 20 Schwangerschaftswoche verlief die Schwangerschaft problemlos. Beim großen Ultraschall wurde festgestellt, dass das Mädchen nicht groß und schwer genug ist, wie es üblich in dieser Schwangerschaftswoche sei. Es wurde eine Plazentainsuffizienz vermutet, bei der die Plazenta sich in der Frühschwangerschaft nicht ausreichend entwickelt hat. Hierbei handelt es sich um eine ungenügende Funktion, der Plazenta während der Schwangerschaft. Aufgrund dieser Diagnose wurde der Fötus mangelhaft versorgt und war somit kleiner und leichter. Das Mädchen wurde in der 27+0 Schwangerschaftswoche mit einem Gewicht von 380g und 23cm per Kaiserschnitt als extrem Frühchen geboren.
Das Leben begann mit 14 Wochen auf der Intensivstation und weiteren 4 Wochen auf der Kinderstation. Es gab keine Zeit für ein Wochenbett oder ein Ankommen in dieser sensiblen Phase. Die Eltern mussten mehr als einmal um das Leben ihrer Tochter bangen und funktionieren für ihr Kind, während sie ihre eigene Angst und Sorgen hintenangestellt haben.
Wird sie es schaffen? Was können wir als Eltern tun, außer hier sitzen und unsere ganze Liebe schenken?
Die Familie hat diesen intensiven Start geschafft, weil sie Kämpfer sind. Während ich diesen Text verfasse, kullern mir Tränen die Wangen hinab. Diese Geschichte berührt mich als Mütterpflegerin sehr. Nicht im Geringsten kann ich nachvollziehen, welche Ängste und herausfordernde Zeit diese Familie durchleben musste.
Die Eltern berichteten mir, dass sie einfach funktioniert haben, wie Roboter. Es gab keine andere Lösung außer zu hoffen, stark zu sein und sein eigenes Leid hintenanzustellen. Was blieb ihnen auch übrig?
Nach 123 Tagen wurde die Kämpferin mit einer Magensonde und High Flow Gerät aus dem Krankenhaus mit Pflegestufe 4 entlassen.
Die weiteren Tage/ Wochen verbrachte die kleine Familie in ihrem Wohnzimmer an Schläuchen und Elektroden, die den Herzschlag und den Sauerstoffgehalt des Babys ständig überprüfen und Alarm schlagen bei Unregelmäßigkeiten. Plötzlich war alles anders, anders als gewünscht und erträumt. Das Schicksal ist ein mieser Verräter. Die Eltern litten unter Ängsten, die jeder der dies liest nachvollziehen kann. Es gab bis 6 Monate nach der Geburt kaum ein Verschnaufen, bis ich kam und ein wenig Zeit zum Durchatmen geben konnte. Ich bin Ehrfürchtig und Dankbar, dies leisten zu dürfen.
Pflegende Eltern wollen kein Mitleid, sondern Anerkennung und Wertschätzung
Mit welcher Hingebung sie sich um ihr Baby kümmern bewegt mich zutiefst. Alle 2 Stunden muss das Mädchen sondiert werden, egal ob bei Tag oder Nacht. Jeden Tag stehen Termine an, Logopäden, Therapeuten, ein palliatives Team, … Sie müssen durchhalten, die Energie auf Sparflamme. Doch wann haben sie Zeit um selbst wieder Energie zu schöpfen? Das palliative Team hat die Mutter aufgeklärt über die Mütterpflege. Hier ein großes Dankeschön an das Verbreiten an dich Liebe S. (Sie ist als Nachsorgeschwester in diesem Team tätig; ich durfte sie selbst als Mütterpflegerin begleiten, seitdem verbreitet sie es)
Das Ankommen als Familie ist für jeden ein neuer Abschnitt im Leben und mit einigen Stolpersteinen verknüpft. Dennoch, sich um ein pflegendes Baby sich zu kümmern, mit der Angst umzugehen, übersteigt das „normale“ Ankommen um Meilen. Jegliche Einschränkungen bedürfen mehr Aufwand. Das Füttern über eine Sonde, die Medikamentengabe, das Abfüllen der Medikamente, die Wickelsituation mit den Schläuchen, …
Die Eltern wurden von Experten angelernt und ich wiederum von ihnen, um ihr Baby zu betreuen, damit die Mutter einfach mal wieder Durchschnaufen kann. Einfach wieder mal sein, mehr sein als eine pflegende Mutter mit einer 24 Stunden Schicht, 7 Tage die Woche. In Ruhe ein Bad nehmen, einen Tee trinken und sich auf den eigenen Körper konzentrieren um verarbeiten zu können, welch schwierigen Start sie als Familie hatten. Dieses Los suchen sich keine Eltern aus, es wird ihnen zugeteilt. Ein Frühchen, mit einem Pflegegrad zu begleiten ist etwas so herausfordernd, dass es wirklich ein „ganzes Dorf“ braucht, damit die Bedürfnisse aller Familienmitgliedern befriedigt werden können. Eine Mutter, die kaum schläft, keine Zeit zum Essen hat und unter einer schmerzenden Kaiserschnittwunde leidet kann sich nicht zu 100% Prozent um eine genaue Medikamentenvorbereitung oder ein kräftezerrendes Tragen des Babys kümmern, so sehr sie es auch will. Denn nur wenn die Bedürfnisse der Mutter erkannt und befriedigt sind, kann sie sich in vollem Umfang um die Bedarfe des Kindes kümmern. Und das beschreibt die Aufgaben und das Berufsbild einer Mütterpflegerin sehr treffend.
Ich komme, um Dich liebe Mama zu begleiten, deine Bedürfnisse zu erkennen und sie zu befriedigen um Euch einen wunderbaren Start in euren neuen Lebensabschnitt zu ermöglichen.
Die Beantragung lief über die Krankenkasse mit dem §24 und ist somit zuzahlungsfrei. Sie wurde gestellt mit den Diagnosen: Erschöpfung, Überforderung, Anpassungsstörung und psychische Belastung. Diese Diagnosen sind ein normales Verhalten auf eine unnormale Situation, die dieser Start mit sich brachte.
Danke Liebe T. und lieber T. für eure Offenheit und dass ihr für Euer Wunder die Besten Eltern seid, die sie sich wünschen kann.
Es war mir eine Ehre, euch ein Stück zu begleiten.
Autorinnen-Information
Mein Name ist Silvia und ich lebe in der Nähe von Ingolstadt.
Ich bin verheiratet und habe 4 Kinder.
Lange Jahre war ich als Erzieherin tätig, bis ich 2020 meinen Sohn bekam und durch eigene Not auf den Beruf der Mütterpflegerin gestoßen bin.
Seit 2021 begleite ich Familien als Mütterpflegerin und ich liebe es.
Die Mütterpflege ist für mich nicht nur ein Beruf, sie ist meine Berufung.