Was wir leisten
Die Arbeit als Mütterpflegerin hat viele Facetten und Herausforderungen. Nicht nur das körperliche Umsorgen von Mutter und Baby, Geschwisterkindern und manchmal auch des Vaters/ der Partnerin, auch das Versorgen des wohnlichen Umfeldes kann Teil der Arbeit einer Mütterpflegerin sein. Der Haushalt ist oft das Erste, was hintenüberfällt, was liegen bleibt (wird schon irgendwie gehen), ja, aber es kann auch ein großer Faktor für Unwohlsein bedeuten und damit zu einem sehr großen Stressor werden und genau das wollen wir verhindern, denn derartiger Stress im Wochenbett kann zu einer enormen Belastung für die Mutter werden, um so mehr, wenn sie stillt. Es sind meistens wir Mütterpflegerinnen, die die Mutter mit nährenden, stärkenden Mahlzeiten versorgen, die die Zeit haben, das Bett frisch zu beziehen und ja, auch mal die Toiletten in einen, für Wöchnerinnen akzeptablen, hygienischen Zustand zu versetzten. Das Baby wollen alle Verwandten und Besucher gerne mal halten, tragen, spazieren fahren, aber Putzen oder die Wäsche erledigen, vielleicht mal Staubsaugen? Dafür ist die Zeit/ Lust dann nicht da. Die Hauswirtschaft, kann neben der emotionalen Unterstützung der Mutter ein sehr wichtiger Aspekt in der Mütterpflege und eine wahre Seelenpflege für die Mutter sein.
Die innere Haltung
Auch wir Mütterpflegerinnen sind alle unterschiedliche Menschen. Nicht jeder von uns fällt es leicht, einen fremden Haushalt zu versorgen, zu Kochen, fremde Wäsche zu waschen, oder auch fremde Betten zu beziehen, gerade die großen Familienbetten sind auch eine enorme körperliche Herausforderung.
Die innere Haltung mit der wir unsere Tätigkeiten angehen ist sehr entscheidend für das Ergebnis und die Leichtigkeit und Freude an der Arbeit. Wie betrachte ich die Reinigungsarbeit? Sehe ich sie als minderwertige Tätigkeit, ein notwendiges Übel? Oder als gleichwertig mit allen anderen Tätigkeiten in der Mütterpflege?
Ich konnte bisher feststellen, dass sich die Menschen wirklich freuen und dankbar sind, wenn ich mich auch der Reinigung annehme, sollte es nicht schon eine Reinigungskraft geben. Jeder Mensch möchte doch ein schönes und sauberes Wohnumfeld haben. Ich habe schon Wöchnerinnen beim Anblick eines vollen Wäschekorbes in Tränen ausbrechen sehen, oder auch pure Dankbarkeit für die Reinigung eines Glastisches erfahren.
Immer wieder taucht in den verschiedenen Netzwerken die Frage auf, wie weit unsere Unterstützung im Haushalt geht. Ist es allein das Einkaufen und Kochen, oder sind es auch reinigende, raumpflegende Tätigkeiten. Letztendlich steht es nirgendwo festgeschrieben, jede Kollegin entscheidet selbst, was für sie möglich ist.
Oft lese ich: ich mache dies und jenes, aber die Toilette putze ich nicht! Ich möchte hier die Frage stellen, warum nicht? Gerade die Toilette kann doch für eine Wöchnerin ein sehr wichtiger Ort sein, der doch in einem hygienisch einwandfreien Zustand sein sollte, an dem EntSpannung möglich sein kann, ohne Ekel und Geruchsbelästigung.
Ist es nicht gerade eine saubere Toilette, über die auch wir uns freuen, wenn wir wo anders zu Gast sind? Und letztendlich möchte ich ja während meiner Anwesenheit in dem Haushalt, auch die Toilette nutzen.
Grundsätzlich sollte doch das Badezimmer für die Wöchnerin ein ganz persönlicher kleiner SPA (sanus per aquam= Gesund durch Wasser) Bereich sein. Ein Ort der Entspannung und Ruhe, oft der einzige Ort des Alleinseins, des Beisichseins, der sauber und einladend ist und gut riecht.
Schubladen im Kopf
Wir betreten das Allerheiligste einer Familie, wir dringen in feste Abläufe und Rituale ein, mitunter werden wir Teil der Familie auf Zeit.
Jede Familie ist anders, unsere „Schubladen“ im Kopf dürfen weit geöffnet bleiben, wir dürfen offen für neue Strategien sein, wir bieten an und stülpen nicht über. Unsere Auftraggeberin ist die Mutter, manchmal auch der/die LebenspartnerIn. Mit offenem Herzen betreten wir den Lebensraum der neuen Familie.
Im Dialogprozess gibt es den Begriff des radikalen (radix: lat. Die Wurzel: ganz und gar, vollständig, gründlich) Respektes.
Gemeint ist damit, dass Respekt aktiver als Toleranz ist.
Respekt bedeutet: ich bemühe mich darum, die Welt aus der Perspektive des anderen zu sehen.
Wir dürfen lernen, die Menschen so anzunehmen wie sie sind und unsere immerwährenden Beurteilungen an der Haustür der Familie abzulegen.
Grenzen
Diese Offenheit bedeutet auch, dass ich mich, in allem was ich in dem fremden Haushalt arbeite, ausschließlich nach den Wünschen der Familie richte, sofern es keine Gefahr für meine Gesundheit, bzw. die der Familie bedeutet.
Das heißt nicht, dass ich alles machen muss, was sich die Familie wünscht!
Offene Absprachen und das Erläutern der eigenen Grenzen sind hier enorm wichtig.
Für uns als Mütterpflegerinnen ist es selbstverständlich und unser Alltag, in fremde, neue Haushalte zu gehen und dort zu wirken.
Für die Familien ist es meist ein Ausnahmezustand, eine völlig neue, unbekannte Situation, jemanden fremdes ins Haus zu lassen und die Hilfe anzunehmen. Ich empfinde es jedes Mal als einen großen Vertrauensvorschub. Ich weiß nicht, ob ich es damals, als meine Kinder geboren wurden, hätte zulassen können, gebraucht hätte ich die Hilfe allemal.
Blick in die Zukunft
So wie wir einzeln wirken, wird sich das Berufsbild bei den Familien, angrenzenden Berufsgruppen und auch bei den Krankenkassen einprägen und für Erfolg oder Misserfolg für alle Mütterpflegerinnen in Zukunft auswirken.
Wir leisten in gewisser Weise mehr oder weniger Pionierarbeit, die doch langfristig in einen anerkannten Beruf münden soll.
Ich bin mir sicher, dass uns dies eines Tages gelingen wird und wir neben den Hebammen, ganz selbstverständlich für die Familien angefordert werden, ähnlich wie in den Niederlanden.
Dafür schlagt mein Herz.
Deshalb habe ich MDEV mitgegründet.
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